Pressemitteilung

Oberkirchenrätin Rudolph: „Gott ist unser Heiland, wo wir verwundbar sind“

Predigt in der Christvesper in der Düsseldorfer Johanneskirche

  • Nr. 194/2021
  • 23.12.2021
  • 3115 Zeichen

Düsseldorf. „Gott wird Mensch und schenkt uns, Mensch zu sein, menschlich zu sein und es immer wieder neu zu werden.“ Das sagt Oberkirchenrätin Barbara Rudolph in ihrer Predigt am Heiligabend in der Düsseldorfer Johanneskirche . „Weil Gott uns nahe ist, können wir um des Lebens willen Abstand halten, wo es nötig ist“, so das Mitglied der Kirchenleitung der Evangelischen Kirche im Rheinland in der Christvesper. „Weil Gott sich nicht aufhalten lässt, zu uns zu kommen, können wir, wo es nötig ist, zu Hause bleiben. Weil Gott uns losgekauft hat vom Gesetz, können wir Gebote halten, die das Leben schützen.“

Für Fragen und Bedenken müsse Zeit sein zu Weihnachten, ist Rudolph überzeugt. „Denn wir bringen sie mit aus diesem Jahr, aus unseren Erfahrungen, und wir nehmen sie mit ins neue Jahr.“ Risiko aber gehöre zur Weihnachtsgeschichte, von Anfang an. Sie erzähle keine romantische Geschichte, „sondern eine von unruhigen, schweren Zeiten und von Menschen, die darin versuchen zu leben und zu überleben“. Auch wenn die biblische Geschichte zunächst anders klinge als unsere Erfahrungen in den vergangenen zwei Jahren, die Not sei ähnlich.

Menschen werden aus der Selbstverständlichkeit des Lebens gerissen

Rudolph beschreibt die Not von heute: „Familien, die Weihnachten nicht zu Hause verbringen können, weil vieles in den Fluten einer Sommernacht weggerissen wurde, willkürliche Regierungen, von denen Menschen in den Exodus getrieben und an Ländergrenzen gespült werden, überfüllte Flüchtlingsboote, Kinder, die im Niemandsland geboren werden.“ In manchem Weihnachtsbrief, den sie erhalten habe, stehe, wie Menschen aus der Selbstverständlichkeit des Lebens gerissen worden seien: durch eine Diagnose beim Arzt, durch den Tod eines lieben Menschen, durch die Sorge um ein Kind, durch die Pandemie.

Gottes Liebe erfüllt sich inmitten unserer Erfahrungen

Genau das sei die Zeit, in der Gottes Liebe sich erfülle, sagt die Oberkirchenrätin: „Nicht jenseits unserer Erfahrungen, sondern in unseren Erfahrungen. Gott schenkt uns, was wir uns oft selbst nicht geben können, was wir uns selbst vorenthalten, was wir immer wieder brauchen: Mensch zu sein.“ So komme Gott uns nahe. „So kommt Gott vom Himmel auf die Erde, von jenseits des Todes uns entgegen, berührt uns, wo wir verletzlich sind, ist unser Heiland, wo wir verwundbar sind.“ Gott komme und verwandele die Erde in einen Feuerball der Liebe, in einen Hort der Menschlichkeit, in eine Oase der Gerechtigkeit. Zu große Worte vielleicht? „Aber dafür sind wir hier. Kleine Gesten, hinreichende Worte gelingen uns selber zu Weihnachten. Die Sehnsucht aber nach dem, was wir uns nicht selber sagen können, bringt uns hier zusammen.“

Gottesdienst im Livestream

Die Christvesper aus der Johanneskirche wird am Heiligabend ab 16 Uhr live bei Youtube gestreamt: https://www.youtube.com/watch?v=upyd6m7xtqA .

Stichwort: Christvesper

Die Christvesper bezeichnet in der evangelischen Kirche den Gottesdienst an Heiligabend, der in der Regel am 24. Dezember zwischen 16 und 18 Uhr gefeiert wird (lat. vesper = Abend). Schon seit dem frühen Christentum werden hohe christliche Feste bereits ab dem Vorabend mit Einbruch der Dunkelheit begangen, im Ursprung allerdings zunächst eher als Andachten oder Stundengebete, die gedanklich auf das eigentliche Fest vorbereiten.

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Die Evangelische Kirche im Rheinland erstreckt sich über Teile der Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Hessen. Sie gliedert sich in 37 Kirchenkreise mit 655 Kirchengemeinden. Die rheinische Kirche hat rund 2,4 Millionen Mitglieder.
  • Ekkehard Rüger
  • Thomas Frey
Predigtmanuskript Oberkirchenrätin Barbara Rudolph