Pressemitteilung

„Eigene Wirtschaftsmacht nutzen, um anderen auf die Beine zu helfen“

Festgottesdienst: Rheinischer Präses würdigt Friedrich Wilhelm Raiffeisen

  • Nr. 53/2018
  • 18.3.2018
  • 3507 Zeichen

Hamm/Sieg. Friedrich Wilhelm Raiffeisen, der vor 200 Jahren geborene Mitbegründer der Genossenschaftsidee, sei ein „christlicher Überzeugungstäter“ gewesen. Das unterstrich Präses Manfred Rekowski am Sonntagnachmittag bei einem Festgottesdienst in Raiffeisens Geburtsort Hamm an der Sieg, der zur Evangelischen Kirche im Rheinland gehört. „Raiffeisen hat seine Aufrufe zum genossenschaftlichen Einsatz von Finanzen für das Gemeinwohl – das heißt: das eigene Geld für andere arbeiten zu lassen – vom christlichen Glauben her begründet, vom Anspruch Jesu her, der gesagt hat: ,Was ihr einem von diesen meinen geringsten Brüdern getan habt, das habt ihr mir getan‘“, sagte der rheinische Präses in seiner Predigt.

Für den Christenmenschen Raiffeisen sei dieser Vers aus dem Matthäusevangelium  nicht nur ein altes Bibelwort gewesen, „sondern es wurde im Laufe seines Lebens immer wieder gelebte Praxis. Denn er erlebte den Hunger von Menschen hautnah und wurde aktiv. Dabei verteilte er kein Brot, sondern baute ein Backhaus. Statt einmaliger Hilfeleistung, leistete er Hilfe zur Selbsthilfe. Ihm ging es nicht nur um Mildtätigkeit, sondern – so würden wir heute modern sagen – um Teilhabegerechtigkeit. Kleinkredite für Bauern waren dabei eine besonders wirksame Hilfe“, so Manfred Rekowski. Friedrich Wilhelm Raiffeisen entwickelte die Ideen für die Gründung der Hilfsvereine und der Kreditkassen, den Gedanken der Solidarhaftung aller Genossenschaftsmitglieder sowie die Ablehnung von Dividenden für die Geldgeber.

Kein dauerndes Gefälle von Hilfsbedürftigen und Vermögenden

Von der historischen Idee Raiffeisens herkommend weitere Präses Rekowski in seiner Predigt zum Auftakt des sonntäglichen Festprogramms den Horizont: „Es geht – so wird heute manchmal engagierten Christenmenschen vorgehalten – nicht um Gesinnungsethik, sondern um Verantwortungsethik. Richtig. Aber diese Verantwortungsethik ist mehr als das jeweilige nationale Eigen-Interesse. Es geht um mehr. Es geht auch um globale Verantwortungsethik. Die Schere zwischen Arm und Reich soll deshalb nicht weiter auseinandergehen. Ausgleich soll herrschen. Es darf nicht ein dauerndes Gefälle von Hilfsbedürftigen und Vermögenden geben.“

Das gelte auch für Gottes große und ziemlich bunte Menschheitsfamilie. Der fehlende Ausgleich, die himmelschreiende Ungleichheit zwischen Ländern und Kontinenten, die im Überfluss leben und denen, denen das Nötigste zum Leben fehlt, sei in unseren Tagen eine der gewichtigsten Ursachen für die großen Fluchtbewegungen, machte der oberste Repräsentant der rheinischen Kirche und Vorsitzender der Kammer für Migration und Integration der EKD deutlich: „Da gilt es doch für uns: Nicht den Vorsprung sichern, sondern Ausgleich anstreben. Der Spaltung der Welt in Besitzende und Arme entgegenwirken. Das Auseinanderdriften der Schere zwischen Arm und Reich nicht als schicksalhaft hinnehmen. Dass alle leben können, darauf muss unsere Anstrengung gerichtet sein. Unsere Position als wichtige Wirtschaftsmacht nicht nutzen, um unseren Einfluss und unsere Gewinnchancen abzusichern, sondern um anderen mit auf die Beine zu helfen. Ausgleich, nicht Sicherung des Vorsprungs, muss das Programm heißen.“

 

Mehr Informationen zu Friedrich Wilhelm Raiffeisen: www.raiffeisen.ekir.de