Pressemitteilung

„Kirchenasyl nicht kriminalisieren“

Gemeinsame Stellungnahme der evangelischen Kirchen in Rheinland-Pfalz

  • Nr. Gemeinsame 128/2018
  • 10.9.2018
  • 4261 Zeichen

Mainz. Anlässlich der aktuellen Diskussion um das Thema Kirchenasyl haben die drei evangelischen Landeskirchen in Rheinland-Pfalz am Montag (10. September) zur besonderen Situation in dem Bundesland Stellung genommen. Anfang September waren in Bad Kreuznach Ermittlungsverfahren gegen neun Hilfesuchende und fünf Pfarrerinnen sowie Pfarrer eingeleitet worden.

Die evangelischen Kirchen untermauern in ihrer Stellungnahme die Bedeutung des Kirchenasyls als „ultima ratio“ in Einzelfällen, appellieren an die Politik, getroffene Absprachen auch künftig einzuhalten und stehen für Gespräche mit Verantwortlichen bereit. Kirchenasyle dürften zugleich nicht kriminalisiert werden. Zurzeit gibt es in Rheinland-Pfalz 17 Kirchenasyle in evangelischen Gemeinden.

Sie verwiesen auch auf die aktuelle Erklärung mehrerer evangelischer Landeskirchen „Für einen verantwortlichen Umgang mit dem Kirchenasyl“ (unten auf dieser Seite zum Download oder auch unter:
https://www.ekhn.de/fileadmin/content/ekhn.de/bilder/pressemitteilungen/2018/18-09-06_Stellungnahme_zum_Kirchenasyl.pdf ).

 

Wortlaut der Stellungahme

Die Evangelische Kirche im Rheinland, die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau sowie die Evangelische Kirche der Pfalz sehen die aktuellen Entwicklungen um das Kirchenasyl in Rheinland-Pfalz mit großer Sorge.

Grundsätzlich ist Kirchenasyl stets ultima ratio. Es wird von Kirchengemeinden verantwortungsvoll und nach sehr sorgfältiger Prüfung im Einzelfall gewährt, um schwerwiegende humanitäre Härten und drohende Verletzungen von elementaren Grund- und Menschenrechten abzuwenden.

Gemessen an der Anzahl der Asylverfahren und der Vielzahl der Anfragen nach Kirchenasyl, die die Gemeinden täglich erreichen, ist die Zahl der derzeit tatsächlich gewährten Kirchenasyle äußerst gering. Das macht deutlich, dass die Kirchengemeinden keinesfalls leichtfertig Kirchenasyl gewähren, sondern gewissenhaft prüfen und beraten. Dies haben die evangelischen Kirchen zuletzt in dem Positionspapier „Für einen verantwortlichen Umgang mit dem Kirchenasyl“ erneut verdeutlicht.

Seit nun gut eineinhalb Jahren geraten Gemeinden, die Kirchenasyl gewähren, immer mehr unter Druck. Räumungen werden seitens der Behörden angedroht. In einem Fall in Ludwigshafen wurde eine Räumung sogar durchgeführt. Auch wurden immer wieder Pfarrerinnen und Pfarrer bei der Staatsanwaltschaft wegen Kirchenasylen angezeigt.

In einem gemeinsamen Spitzengespräch im Juni 2017, an dem die Kirchen und politisch Verantwortliche des Landes teilnahmen, wurde vereinbart, dass es keine polizeilichen Räumungen von Kirchenasylen in Rheinland-Pfalz geben solle.

Auch die die Landesregierung tragenden Parteien sowie die CDU-Fraktion sprachen sich in einer Plenardebatte zuletzt für den Schutz des Kirchenasyls als ein kostbares Gut in unserer christlich geprägten Gesellschaft aus.

Die jüngsten Ereignisse im Rhein-Hunsrück-Kreis konterkarieren jedoch die gemeinsame Grundlage, die auch von den Kommunalen Spitzenverbänden mitgetragen wurde. Neben der geplanten Räumung der Kirchenasyle werden nun gegen mehrere Beteiligte, also jene Menschen, die sich im Kirchenasyl befinden und auch die verantwortlichen Pfarrerinnen und Pfarrer Strafanzeigen gestellt. Eine solche Situation gibt es gegenwärtig in anderen Bundesländern nicht. Wir bitten die politisch Verantwortlichen auf kommunaler wie Landesebene, sich dafür einzusetzen, dass das Kirchenasyl nicht weiter kriminalisiert wird.

Gerne greifen wir das gemeinsame Gesprächsangebot von Integrationsministerin Anne Spiegel und Innenminister Roger Lewentz auf, in einem weiteren Spitzengespräch mit allen Verantwortlichen über das Kirchenasyl in Rheinland-Pfalz zu sprechen und zu einem tragfähigen Ergebnis zu kommen, das gute Lösungen für Kirchenasyle ermöglicht. Wir danken der Landesregierung dafür, dass bisher die Kirchenasyle im Rhein-Hunsrück-Kreis nicht polizeilich geräumt und Kommunikationsmöglichkeiten zwischen den Beteiligten offen gehalten wurden.